Rosshaar ein Produkt der Sinne


Mitte des 18. Jahrhunderts begann man, Roßhaar zu verweben. Seiden aus Frankreich standen am preußischen Hof unter Friedrich dem Großen in der Gunst der Baumeister. Im Jahre 1762 gründete Herr Joseph Löbel in Breslau (Breslow) mit Unterstützung des Preußischen Staats eine der ersten Roßhaar-Manufaktur in Preußen. Seinerzeit wollte man das heimische Roßhaar besser nutzen und von Importen unabhängig werden. Nach der französischen Revolution blühte in Preußen das Webhandwerk durch Immigranten aus Böhmen, Holland und Frankreich auf. In Preußen entstand eine Vielzahl von Webmanufakturen – darunter auch Roßhaarstoffwebereien. Diese begannen nun ihrerseits Stoffe für die europäischen Nachbarländer zu produzieren. Anfang des 19. Jahrhunderts – in der Zeit Karl Friedrich Schinkels  – wurden im sparsamen Preußen das heimische Roßhaargewebe am Hof, sowie beim aufstrebenden Bürgertum populär. Doch erst mit dem Zeitalter der Industriellen Revolution war es möglich Roßhaar nicht mehr auf Handwebstühlen sondern mechanischen herzustellen und somit einem größeren Kundenkreis zu erschließen. In der Gründerzeit begann man dann die Sitze und den Innenraum einiger Eisenbahnabteile der ersten Klasse mit Roßhaarstoffen auszuschlagen, Roßhaarstoff erlebte seine Blütezeit. Mit der Industrialisierung kam auch das Automobil auf und verdrängte das Pferd als Arbeits- und Transportmittel. Der heimische Markt an Pferdehaaren brach ein und viele Webereien mussten ihre  Produktion auf anderen Ausgangsmaterialien ausrichten. Weltweit gibt es nur noch wenige Webereien, die sich auf das Weben mit Roßhaar verstehen. Heute feiert der Roßhaarstoff ein furioses Comeback als Luxusgut in der Einrichtungsbranche und der Welt der Mode.